[Verirrung]

»Am Sicherheben hindert ihn eine gewisse Schwere, ein Gefühl des Gesichert­seins für jeden Fall, die Ahnung eines Lagers, das ihm bereitet ist und nur ihm gehört, am Stillie­gen aber hindert ihn eine Unruhe[,] die ihn vom Lager jagt, es hindert ihn das Gewis­sen, das endlos schlagende Herz, die Angst vor dem Tod und das Ver­langen ihn zu wider­legen, alles das läßt ihn nicht liegen und er erhebt sich wieder. Dieses Auf und Ab und einige auf diesen Wegen gemachte zufällige, flüch­tige, abseitige Beobachtungen sind sein Leben.«

»Deine Darstellung ist trostlos, aber nur für die Analyse, deren Grund­fehler sie zeigt. Es ist zwar so, daß der Mensch sich auf­hebt, zurück­fällt, wieder sich hebt u. s. f. aber es ist auch gleich­zeitig und mit noch viel größerer Wahrheit ganz und gar nicht so, er ist doch Eines, im Fliegen also auch das Ruhen, im Ruhen das Flie­gen und beides ver­einigt wie­der in jedem Einzel­nen, und die Ver­eini­gung in je­dem, und die Vereinigung der Vereini­gung in jedem u. s. f. bis, nun, bis zum wirk­lichen Leben, wobei auch diese Dar­stel­lung noch ebenso falsch ist und viel­leicht noch täu­schen­der als die Deine. Aus dieser Gegend gibt es eben keinen Weg bis zum Leben, wäh­rend es aller­dings vom Leben einen Weg hierher ge­geben haben muß. So verirrt sind wir.«

Franz Kafka